Wenn fleischlos keine freie Wahl ist
Tortillas, etwas Bohnen oder Bohnenpaste, gelegentlich ein Ei. Ab und zu Reis, vielleicht auch Nudeln. Gemüse und Obst nur, wenn es saisonal verfügbar und im Überfluss vorhanden ist. Und wenn es gar nicht mehr anders geht: Tortillas mit Salz.
Während für uns Tortillas zum „Spaßessen“ zählen, machen sie in Guatemala die Basis der Ernährung aus. Mais ist Grundnahrungsmittel, speziell in der ländlichen Bevölkerung. Er ist reich an Ballaststoffen, Proteinen, Kalium und Magnesium. Wegen falscher Lagerung allerdings häufig auch reich an Schimmelpilzgiften. Fleisch kommt nur zu besonderen Anlässen auf den Tisch.
Rund 16 Prozent der Bevölkerung Guatemalas waren laut Daten der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) im Jahr 2019 von Mangelernährung betroffen, 45 Prozent von gemäßigter oder schwerer Nahrungsmittelunsicherheit, beinahe 47 Prozent der Kinder unter fünf Jahren sind deshalb unterentwickelt.
Coronabedingt hat sich die Lage abermals verschärft. Die Zahl der offiziell anerkannten Mangelernährten ist in den vergangenen Monaten weiter angestiegen. Besonders betroffen sind Indigene – Angehörige der Volksgruppe der Mayas. Und traditionell trifft die Krise vor allem Frauen und Kinder.
Ungerechtigkeit am Esstisch
Die Ungerechtigkeit liegt im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Tisch. Auf dem Esstisch nämlich: „Wenn es einmal Fleisch zu essen gibt, bekommt ganz klar der Mann das beste Stück davon, erst dann die Frau. Und dann bekommen vielleicht auch noch die Kinder etwas ab“, sagt Matthias Fichtenbauer, unser Guatemala-Referent.
Der Mangel an wichtigen Eiweißen, Vitaminen und Spurenelementen in der Nahrung zeigt sich vielfältig. Kinder, die aufgrund der unausgewogenen Ernährung körperliche und geistige Defizite aufweisen, oder indigene Frauen, denen während der Schwangerschaft die Schneidezähne ausfallen, zum Beispiel. Denn nicht zuletzt würden Indigene in Guatemala auch zu Laktoseintoleranz neigen, was die Versorgung mit Proteinen zusätzlich erschwere, da somit die alternative Möglichkeit des Konsums von Milchprodukten nicht immer gegeben sei, so der Projektreferent, der damit auch den Grund für Initiativen der Partner*innen-Organisation AMOIXQUIC erklärt.
Mit Spenden aus der Aktion Familienfasttag soll zum einen der Anbau von mindestens zehn biologischen Gemüsesorten weiter vorangetrieben, zum anderen der Aufbau von Kaninchenzuchten unterstützt werden. So soll der um sich greifenden Mangelernährung entgegengesteuert und Frauen eine Zuverdienstmöglichkeit und damit ökonomische Unabhängigkeit ermöglicht werden. „Für eine vegetarische Lebensweise sollte man sich aus freien Stücken entscheiden, nicht aus der Not heraus“, sagt Matthias Fichtenbauer.